Nachhaltigkeit
Projekt im Zeichen der Nachhaltigkeit
Die Neugestaltung des Landratsamt-Areals findet schon jetzt in Fachkreisen Beachtung als Pionierprojekt, bei dem Funktionalität und Nachhaltigkeit vereint werden.
Doch was bedeutet der Begriff „Nachhaltigkeit“ für das konkrete Bauprojekt? Um das zu verstehen, hilft ein Blick auf die Hintergründe.
Bereits im Jahr 2019 hatte sich der Landkreis Karlsruhe zu den 17 SDG (Sustainable Development Goals) bekannt, den Nachhaltigkeitszielen aus der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Ziel der SDG ist es, einen Handlungsrahmen weit über den ausschließlichen Klimaschutz hinaus zu schaffen, der die bestmögliche Entwicklung für die fünf Aspekte Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft sicherstellt.
Die Klimaschutzstrategie steckt auch im KARLA Verwaltungs- und Bildungszentrum
Im Einklang damit steht auch die Klimaschutzstrategie zeozweifrei 2035, die der Kreistag im Jahr 2021 verabschiedet hat.
Sie weist nicht nur den technologisch machbaren Weg zur angestrebten Klimaneutralität im Landkreis Karlsruhe bis zum Jahr 2035, sondern nimmt auch Faktoren wie Sozialverträglichkeit oder Förderung der regionalen Wertschöpfung in den Blick.
Ein wichtiges Instrument ist dabei der European Energy Award (eea), der als europaweit eingesetzter Prozess Ansätze für die Initiierung konkreter Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen liefert. Der Landkreis Karlsruhe wurde im Jahr 2023 zum wiederholten Mal mit dem Zertifikat in Gold ausgezeichnet und nimmt damit in Baden-Württemberg eine Spitzenposition ein.
Holz-Hybrid-Bauweise bringt Vorteile für Ökosystem und Bauzeit
Vor diesem Hintergrund soll auch das KARLA Verwaltungs- und Bildungszentrum ein wegweisendes Signal für Nachhaltigkeit senden. Der Entwurf in seiner Holz-Hybrid-Bauweise ist damit ein Vorbild für künftige Bauten dieser Art.
Besonders nachhaltig ist er vor allem, da durch den Ersatz herkömmlicher Baustoffe wie Beton durch Holz schon beim Bau knapp 15.000 Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden können.
Bei dieser Bauweise wird auch die Anwohnerschaft durch eine deutlich verringerte Bauzeit weniger belastet als bei gewöhnlichem Vorgehen: Der hohe Vorfertigungsgrad der Holzelemente reduziert die Dauer der Rohbauphase erheblich. Gleichzeitig wurde schon bei der Planung darauf geachtet, dass das Gebäude in ferner Zukunft auch wieder einfach zurückgebaut werden könnte. Es wurde bereits an eine möglichst hohe Weiterverwendung und Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Baustoffe und -elemente gedacht. So wurden und werden auch beim jetzigen Abbruch des bestehenden Gebäudekomplexes alle Materialien sortiert, getrennt und entprechend entsorgt oder recycelt.
Eingebettet ist das künftige Hochhaus in eine zusammenhängende Grünfläche, die „Grüne Mitte“. Das Areal mit integrierter Kindertagesstätte, der Bäckerei »Laib und Leben« sowie Multifunktionsflächen für die Nutzer schafft auch Begegnungsflächen im Quartier. Die Grünfläche wird ausgebaut und die zusätzliche Fassaden- und Dachbegrünung setzt einen weiteren wichtigen Akzent zur Anpassung an den Klimawandel. Mit der Gestaltung des Areals wird der Landkreis auch seiner Verantwortung als Bauherr gerecht, beispielsweise für das Quartier, die Artenvielfalt und Biodiversität. Die insgesamt versiegelte Fläche wird sich bei einer gleichzeitig erhöhten Gesamt-Nutzfläche verringern.
Das Energiekonzept sorgt für eine nachhaltige Nutzung
Natürlich spielt angesichts der benötigten Heizung wie auch Kühlung der verschiedensten Nutzungsflächen auch die Energieeffizienz eine wichtige Rolle, weshalb ein ausgeklügeltes Klima- und Energiekonzept entwickelt wurde.
Heizung und Kühlung werden im Neubau über reversible Wärmepumpen sichergestellt und durch die Einspeisung der im Gebäude entstehenden Abwärme ergänzt. Die zusätzliche thermische Nutzung der Sprinklertanks senkt den Energiebedarf. Ein maßgeblicher Teil der Grundlast wird durch das Potenzial der thermischen Grundwassernutzung gedeckt, womit externer Energiebedarf und Kosten noch weiter reduziert werden können.
Für den Strombedarf sieht das Energiekonzept eine vollständige bilanzielle Deckung durch selbst erzeugten Strom aus regenerativen Quellen vor. Über eine großflächige Belegung des Flachdachs mit Photovoltaik-Modulen kann der gesamte benötigte Strom bilanziell zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise können die noch verbleibenden CO2-Emissionen aus dem gesamten Gebäudebetrieb zu 100 Prozent kompensiert werden.
Um all diese für sich wirkenden Aspekte in ein großes Gesamtbild der Nachhaltigkeit einzubinden, wird der Leitfaden Nachhaltig Bauen (LNB) auf das Projekt angewandt. Als praxistaugliches Tool zur Prozessbegleitung bietet der LNB öffentlichen Bauherrn wie Planungsbüros eine wertvolle Hilfestellung, Projekte von der frühen Planungsphase an auf ihre Nachhaltigkeit zu untersuchen. Dabei werden vier Kriterienblöcke untersucht: Prozess- und Planungsqualität, Energie und Versorgung, Gesundheit und Komfort sowie Baustoffe und Konstruktion. Im Fokus sind damit sowohl technische Aspekte wie die Energieeffizienz als auch Fragen aus der Nutzungsperspektive, etwa die künftige Raumluftqualität, die entscheidend von den eingesetzten Baustoffen abhängt. Der Landkreis Karlsruhe hat begonnen, den LNB für kommunale Bauprojekte einzuführen und schließt damit den Kreis seiner Nachhaltigkeitsprozesse im Bausektor.